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Vogts-Kolumne: "Götze muss das als Weckruf verstehen"


Nicht-Nominierung
"Götze muss das als Weckruf verstehen"

MeinungDie Kolumne von Berti Vogts bei t-online.de

16.05.2018Lesedauer: 4 Min.
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Mario Götze im Trikot der Nationalmannschaft. Bei der WM ist der Held von 2014 nicht dabei. Berti Vogts findet die Entscheidung vom Bundestrainer richtig.Vergrößern des Bildes
Mario Götze im Trikot der Nationalmannschaft. Bei der WM ist der Held von 2014 nicht dabei. Berti Vogts findet die Entscheidung vom Bundestrainer richtig. (Quelle: Laci Prenyi/imago-images-bilder)

Vogts war als Gast des DFB bei der Kader-Verkündung dabei. In seiner neuen Kolumne erklärt er, was Götze jetzt machen muss und wie er das Treffen von Özil und Gündogan mit Erdogan fand.

Es steckt wirklich ein gewaltiges Potenzial in dieser Nationalmannschaft. Bei der Nominierung des vorläufigen WM-Kaders hat man wieder gesehen, wie viele Klassespieler Joachim Löw zur Verfügung hat. Ich denke auch, dass wir sehr gute Chancen auf die Titelverteidigung haben. Ich bin jetzt sehr gespannt, wer die vier Spieler sein werden, die das Turnier wie wir am Fernseher verfolgen werden. Ich hoffe natürlich, dass sich niemand mehr verletzt.

Ich sehe nur zwei Schwachstellen in der Mannschaft.

  • Zum einen ist das die Außenverteidiger-Position auf beiden Seiten, wo wir hinter Kimmich rechts und Hector links nicht noch mal die gleiche Klasse haben. Das ist schade, aber da gibt die Bundesliga nicht mehr her.
  • Mein zweites großes Fragezeichen setze ich im defensiven Mittelfeld, also auf der Position vor der Abwehr. Da haben wir große Probleme. Mit Sami Khedira gibt es nur einen überwiegend defensiv denkenden Spieler, der dafür wirklich infrage kommt.

Es ist enorm wichtig für die Abwehr, dass dort jemand spielt, der zu 70 Prozent defensiv denkt. Kroos oder Gündogan sind für mich offensivorientierte Spieler. Vielleicht kommt Hummels oder auch Rüdiger für diese wichtige Rolle infrage.

Der Grund, warum Bayern noch so eine starke Saison gespielt hat, war, dass Jupp Heynckes Javi Martinez auf die Position vor der Abwehr beordert hat. Das war das Geheimnis. Einen deutschen Spieler sehe ich dafür allerdings ebenfalls nicht in der Bundesliga.

Man kann sicherlich mit Khedira und Kroos vor der Abwehr spielen, davor weiter mit drei offensiven Spielern. Aber hinter Khedira wird es dünn.

Viele Entscheidungen von Löw haben sich abgezeichnet, andere weniger. Besonders auffällig waren für mich folgende:

► Für mich gab es – wie für die meisten – eine große Überraschung: Nils Petersen. Aber er hat es verdient, dabei zu sein. Großes Kompliment an Joachim Löw, dass er sich für ihn entschieden hat. Er braucht Spieler, die auch als Joker für Gefahr sorgen. Zum einen ist das ein ruhiger Spieler, der sich auch mit einer Rolle auf der Bank abfindet. Zum anderen hat Löw mit ihm noch eine Waffe in der Hinterhand, die er jederzeit bringen kann. Ich denke, dass Petersen auch am Ende im 23er Kader dabei sein wird.

► Fast noch mehr habe ich mich für Marco Reus gefreut. Das ist einfach ein Spieler, gegen den kein Verteidiger der Welt gerne spielt. Weil er überragend schnell ist, weil er das Dribbling sucht, weil er in Eins-gegen-Eins-Situationen vor und im Strafraum geht, was wiederum zu vielen Freistößen führt. Ich hoffe, dass der liebe Herrgott sich um ihn kümmert, damit er gesund bleibt und in Topform ist. Verletzungspech hatte er genug für seine ganze Karriere. Ich freue mich auf seinen Willen, diese Power und die Geilheit, die ihn auszeichnen. Ähnlich wie bei Werner, nur mit noch etwas mehr Qualität.

► Reus ist der einzige Dortmunder im vorläufigen Kader, weil Mario Götze nicht dabei ist. Und das natürlich vollkommen zu Recht. Er hat viele Chancen bekommen. Er hat sie leichtfertig verschenkt. Er darf jetzt auch nicht Peter Stöger oder Joachim Löw die Schuld geben. Fast bei jedem Spiel waren Beobachter vom DFB da, die sich ganz genau angeschaut haben, wie er mit und ohne Ball arbeitet. Es hat nicht gereicht, das muss er akzeptieren. Löw hat sich diese Entscheidung ganz sicher nicht leicht gemacht.

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Ich denke, dass es für Götze am Ende sogar so besser ist, dass er nicht dabei ist. Er wird im Moment tieftraurig sein. Er will mit Fußball jetzt wahrscheinlich gerade nichts mehr zu tun haben. Ich hoffe aber, dass er nach zwei, drei Wochen Urlaub wieder nach vorne schauen kann. Er muss jetzt alles infrage stellen und sich überlegen: "Mein Gott, was habe ich in dieser Saison eigentlich gespielt? Ich muss doch selbst von mir mehr erwarten. Ich muss ein Führungsspieler werden bei Borussia Dortmund mit meinen Fähigkeiten."

Im Unterbewusstsein hat er sich wohl gesagt: "Für die Nationalmannschaft reicht es doch – unter den besten 23 Spielern bin ich ja noch." Nein! Das ist eben nicht der Fall. Löw hat ihn jetzt gepusht mit der Entscheidung. Götze muss das als Weckruf werten und annehmen.

Wenn er das schafft, über diesen Berg zu gehen, wenn er mit sich ins Reine kommt und vielleicht auch mal eine Woche früher mit dem Training und der Vorbereitung beginnt, dann haben wir in der kommenden Saison einen überragenden Spieler in der Bundesliga und einen Top-Spieler für den BVB.

Seine Chance ist, dass es einen neuen Trainer in Dortmund gibt – wohl mit Lucien Favre. Das ist wertvoll für Mario Götze. Deshalb ergibt aus meiner Sicht auch ein Wechsel ins Ausland oder sonst wohin keinen Sinn.

Mesut Özil und Ilkay Gündogan waren mit ihrem Besuch beim türkischen Präsidenten Recep Erdogan das bestimmende Thema der vergangenen Tage – leider: Beide haben sich missbrauchen lassen für den Wahlkampf Erdogans. Wie konnte das passieren? Die sind beide keine 15 oder 16 Jahre mehr jung? Ich kann darüber wirklich nur den Kopf schütteln.

Jetzt wird sogar darüber diskutiert, ob man die beiden noch zur WM mitnehmen soll beziehungsweise kann. Ich kann dazu nur sagen: Joachim Löw hat sich deutlich geäußert, dass eine Ausbootung nicht infrage kommt. Er trägt die Verantwortung, deshalb ist dem nichts hinzuzufügen.

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